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Manuel GelsenSystemisch leben

Kommunikation und ihre Fallstricke - einfach erklärt

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Kurz vorab, bevor ich tiefer in das Thema Kommunikation einsteige: Dieser Beitrag ist der erste, den ich zeitgleich mit einem Video veröffentliche. Die letzten Tage habe ich vor der Kamera verbracht, um so das Wissen auch visuell vermitteln zu können. Ich bin gerade mega stolz auf mich, dass ich diesen Sprung geschafft habe. Ich kann endlich vor einer Kamera stehen, ganze Absätze vor einer Kamera vortragen und bin sogar mit dem Ergebnis insgesamt zufrieden. Das war ein langer Prozess…

Aber egal: Dieser Beitrag soll nicht von meinen Prozess beim Drehen handeln, sondern um Kommunikation. Deswegen schaut euch gerne das Video an – und viel Spaß beim Lesen dieses Beitrags 🙂

Die Weihnachtszeit ist wieder vorbei – langsam haben wir uns von den Feierlichkeiten verabschiedet und haben Zeit, wieder etwas zurück auf die letzten Tage zu blicken. Was ist in Erinnerung geblieben? Das gute Essen? Die Geschenke? Der familiäre Zusammenhalt und die Freude? Oder eher das Gegenteil, die Streitereien ausgerechnet an Weihnachten, dem Tag an dem alles gut sein soll? Oder eine Einsamkeit, da das Zusammensein nicht stattfinden konnte? Was auch Ihr Rückblick ist: Wenn Sie mit der Familie zusammen waren, spielte eines eine wichtige Rolle: Kommunikation.

In vielen Familien gehören Streitereien mit dazu, welche für jeden energieraubend sind und natürlich eine ruhige, besinnliche Weihnachtszeit empfindlich stören. Diese Konflikte sind jedoch auch eine Art von Kommunikation – nur funktioniert da die Informationsvermittlung nicht so richtig. Das, was eine Person vermitteln möchte (sie möchte einen Fokus auf ein Bedürfnis richten, z.B. Ruhe) ist nicht das, was sie sagt (z.B. „Jetzt machst du schon wieder so einen Krach. Hat dir denn niemand Manieren beigebracht?“). Und das, was bei der anderen Person ankommt, ist nochmal etwas anderes (z.B. „Ich bin unerzogen und störe nur“).

In diesem Beitrag betrachten wir die Konflikte aus zwei unterschiedlichen Perspektiven:

  1. Aus Sicht der Bedürfnisse, also den Ursachen
  2. Wie nicht funktionierende Kommunikation abläuft
  3. Aus Sicht des Verhaltens, also der gewählten Strategie, um ein Bedürfnis zu erfüllen

1. Bedürfnisse – Ursachen meister Kommunikation

Es ist ein Grundbedürfnis von uns Menschen, dass wir unsere Bedürfnisse mit anderen teilen möchten. Wir wünschen uns Menschen, die uns akzeptieren wie wir sind und somit auch akzeptieren, dass wir vielleicht gerade andere Bedürfnisse habe als die Person gegenüber.

Im Normalfall reicht es, dass eine gegenüberliegende Person das jeweilige Bedürfnis wahrnimmt und akzeptiert. Das heißt: Eine traurige Person, die ihre Trauer mit einer anderen Person teilen möchte, muss nicht zwangsläufig eine andere traurige Person finden, um ihr Leid zu teilen – die andere Person kann auch fröhlich oder gerade emotionslos sein. Wichtig ist nur, dass sie sich wahrgenommen fühlt und eine Akzeptanz existiert, dass der derzeitige Zustand so OK ist.

Wenn Kommunikation nicht funktioniert, funktioniert mindestens ein Aspekt dabei nicht. Folgende Möglichkeiten gibt es, die Kommunikation von Bedürfnissen zu stören:

  • Die eigenen Bedürfnisse werden verheimlicht und nicht mit der anderen Person geteilt. Das heißt, die andere Person erkennt vielleicht über nonverbale Signale, dass etwas nicht passt – erfährt aber nicht was.
  • Die eigenen Bedürfnisse werden übermittelt, allerdings „verschlüsselt“, d.h. die andere Person müsste sich aus dem Kontext herleiten, was die eigentlichen Bedürfnisse sind und dann dementsprechend handeln – was häufig nicht passiert. Beispiel: „Du bist do so ein Waschlappen – das schaffst du doch eh nicht“ soll ausdrücken, dass die Person besorgt um die andere Person ist und Angst hat, dass das schief geht.
  • Die gegenüberliegende Person nimmt nicht die Bedürfnisse wahr, sondern etwas anderes. Da bei Kommunikation verschiedene Ebenen übermittelt werden, sind Missverständnisse sehr leicht möglich. Wenn Sie etwas auf der Beziehungsebene übermitteln wollen, kann das als Aufruf in der Appellebene ankommen. Das 4-Ohren-Modell lässt grüßen.

2. Wie nicht funktionierende Kommunikation funktioniert

Wenn Sie in der Lage wären, Ihre Bedürfnisse offen mitzuteilen und andere Personen diese respektvoll aufnehmen und akzeptieren könnten, dann wäre alles gut. Selbst bei unterschiedlichen Standpunkten könnten Sie genug Verständnis für die andere Person aufbringen, um eine positive Interaktion zu gewährleisten.

Das ist jedoch häufig nicht der Fall. Wir verwenden unsere Energie nicht darin, das Bedürfnis hinter der jeweiligen Nachricht zu finden ( das würde beide weiter bringen). Sondern um den eigenen Selbstwert zu verteidigen und einfache Erklärungen zu finden, um den Konflikt zu verstehen.

So könnte ein Ablauf sein:

  1. Eine andere Person macht etwas, was gerade nicht mit Ihren Erwartungen, bzw. Bedürfnissen zusammenpasst
  2. Sie versuchen nicht zu verstehen, was Sie und die andere Person gerade brauchen, sondern versuchen eine einfache Erklärung zu finden, warum die Situation so ist wie sie ist. Zum Beispiel: „Er/sie/es ist [hier Begriff einfügen] – deswegen streiten wir gerade“. Als Begriff können beliebige Zuschreibungen verwendet werden, wie „depressiv“, „ein Macho“, „ein Narzisst“, „krank“,…. Mit dieser vermeintlichen Erklärung sind Sie in einer guten Position: Sie geben die gesamte Verantwortung an die andere Person ab und somit hat sie die „Schuld“, dass es gerade nicht funktioniert.
  3. Der Selbstwert der anderen Person wurde angegriffen und muss verteidigt werden. Mit den gleichen Mitteln. Die gegenüberliegende Person macht das gleiche mit Ihnen und gibt Ihnen auch eine Zuschreibung, die den Streit erklären soll. Im Normalfall wollen Sie diese Zuschreibung nicht haben, da Sie diese negativ interpretieren.
  4. Sie wehren nun die Zuschreibung ab, die Sie von der anderen Person bekommen haben und bekräftigen Ihre an die andere Person oder erweitern diese. Beispiel: „Du bist so unverschämt. Ich und ‚hysterisch’…? Dir zeige ich es, du schaffst es nicht mal bis Abends die Spülmaschine auszuräumen..“
  5. Diskreditieren Sie dazwischen noch die Bedürfnisse der anderen Person und zeigen Sie ihr, dass dessen Bedürfnisse nicht von Ihnen akzeptiert werden. „Du und müde… du bist doch erst um 10Uhr aufgestanden!!!!“
  6. Wiederholen Sie diese Schritte, bis Sie keine Energie oder Lust mehr haben, dieses Muster weiter fortzuführen.

Dies soll natürlich kein Ratgeber sein, wie Sie Konflikte anheizen, sondern eher aufzeigen, welches Muster häufig vorherrscht. Sie werden sicher noch viele andere Wege kennen, Konflikte zu verschärfen.

Machen Sie es besser anders. Orientieren Sie sich eher an Ihren Bedürfnissen und denen der anderen Person. Das deeskaliert die Situation sehr stark.

3. Strategien und ihre Ursachen

Perspektivenwechsel: Wir schauen uns nun nicht mehr das Bedürfnis dahinter an, welches im JETZT aktuell existiert – sondern das Verhalten. Das kann anschreien, fliehen, erstarren, beschwichtigen, usw. sein – jedes beliebige Verhalten.

Jetzt kommt für Sie eine wichtige Erkenntnis zum Einprägen, auch für Ihr Unterbewusstsein – das betrifft jedes Verhalten, das Ihnen begegnet:

Jedes Verhalten hat ein Sinn. Irgendwann in der Vergangenheit war dieses absolut notwendig, um das Überleben zu sichern.

Das heißt: Wenn Sie zum Beispiel angeschrien werden, hat das einen Sinn. Dahinter steckt ein Bedürfnis, das erfüllt werden möchte. Eventuell möchte die Person verstanden werden und anschreien ist der derzeit einzige Weg, mit der das zumindest minimal funktioniert. In der Vergangenheit war das der einzige Weg, das etwas wieder herzustellen. Mittlerweile gibt es vielleicht viele andere Wege, diese sind jedoch noch nicht im derzeitigen Kontext ausprobiert worden.

Woher kommt das Verhalten?

Wenn Sie sich fragen „Welchen Sinn hat dieses Verhalten?“, liegt der Fokus auch gleich wieder bei den Bedürfnissen, welche gerade nicht erfüllt sind. Wenn Sie es schaffen, die Perspektive der anderen Person einzunehmen, können Sie besser einordnen, woher das Verhalten kommt.

  1. Passt das Verhalten in die Gegenwart? Gibt es einen passenden Grund, die das Verhalten rechtfertigt? Der Kontext muss berücksichtigt werden: Wenn etwas traumatisches passiert ist, sind extreme Handlungen völlig verständlich – passiert das jedoch im gewohnten Umfeld unter sicheren Bedingungen, dann eher nicht
  2. Falls das Verhalten nicht in die Gegenwart passt: Passt es irgendwo in die Vergangenheit? Wenn ja, zu welchem Alter in etwa? Ist das eher im Jugendlichenalter, als Schulkind, als Kleinkind oder gar als Baby?
  3. Falls das auch nichts passt, muss noch nach Traumatisierungen geschaut werden. Irgend ein Ereignis (oder mehrere) haben so heftige Reaktionen ausgelöst, dass das Unterbewusstsein einen „Notfallplan“ ausgelöst hat. Traumatisierte Anteile werden geschützt von anderen, da sonst zu viel Schmerz auf einmal ausgelöst werden würde. Häufig werden Emotionen abgespalten und stattdessen sind andere Verhaltensweisen sichtbar. Wenn zum Beispiel Trauer sehr stark war und nicht richtig verarbeitet wurde, kann diese abgespalten werden. Somit wird diese in den entsprechenden Situationen nicht mehr gespürt. Stattdessen treten in dieses „Loch“ jedoch andere Symptome, zum Beispiel starke Wut, emotionale Leere, Antriebslosigkeit usw. Sichtbar ist also ein bestimmtes Verhalten, dahinter steckt jedoch ein ganz anderes. Hier muss vorsichtig umgegangen werden, da schnell intensive Erlebnisse ausgelöst werden können.

Fazit

Das war jetzt ganz viel Theorie über Kommunikation. Diese gibt einem schon einmal einen guten Überblick, was alles schief gehen kann und wie so manches zu erklären ist.

Zum Thema „Bedürfnisorientierte Kommunikation“ wird es auch noch eigene Beträge geben. Vorerst können Sie sich mehr über Gewaltfreie Kommunikation anschauen – das hat sehr viele Ähnlichkeiten.

Bis zum nächsten Beitrag 🙂

Von Manuel Gelsen, 28.12.2023
Zuletzt modifiziert: 28.12.2023

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Bitte beachten Sie, dass die Beiträge nur meine Sichtweise wiederspiegeln und ich keine Wissenschaftliche Korrektheit garantieren kann.
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Meine Beiträge und Beratungen sind keine Ersatzleistung für medizinische, psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlungen. Wenn Sie unter schwerwiegenden psychischen oder emotionalen Problemen leiden, empfehle ich Ihnen dringend, dass Sie sich an einen qualifizierten Therapeuten, Psychiater oder Arzt wenden.

Ich bin Systemischer Berater, befinde mich derzeit in Weiterbildung zum Systemischen Familientherapeuten, somit bin ich nicht als Psychologischer Psychotherapeut, Arzt oder Psychiater ausgebildet.
In Beratungen stehen psychische Krankheiten deshalb bei mir nicht im Fokus. Ich betrachte Sie als Mensch, bei dem Krankheiten zwar vorkommen und Auswirkungen haben können, aber Ihr Leben ist mehr als nur Ihre Krankheit. Ihre Gefühle, Familie, Freunde, Umgebung, Bewältigungsstrategien, etc. – all das wirkt sich auf Sie aus. Der Fokus liegt also auf Ihnen als Ganzes und nicht nur auf einem bestimmten Aspekt Ihres Lebens.

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