Demystified10 Mythen über Paarberatung
Paarberatung ist ein wirksames Mittel, um Beziehungsprobleme zu lösen, doch es gibt viele falsche Vorstellungen darüber. Dies führt oft dazu, dass Paare zögern, sich Hilfe zu suchen. Was stimmt wirklich, was teilweise und was sind bloße Irrtümer, die uns davon abhalten, unsere Beziehung zu verbessern?
Paarberatung ist ein Thema, das oft mit vielen Missverständnissen und Vorurteilen behaftet ist. Obwohl sie für viele Paare ein wertvolles Werkzeug sein kann, um Konflikte zu lösen und die Beziehung zu stärken, gibt es immer noch zahlreiche Hindernisse, die Menschen davon abhalten, diese Form der Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
Hier möchte ich mich mit zehn weit verbreiteten Mythen über Paarberatung auseinandersetzen, die nicht nur falsch, sondern auch hinderlich sein können. Kennen Sie diese Mythen auch?
Mythos 1: Paarberatung ist nur für Paare mit ernsthaften Problemen.
Viele glauben, dass Paarberatung erst dann nötig ist, wenn eine Beziehung ernsthafte Probleme hat – ähnlich wie man den Zahnarzt oft erst bei starken Schmerzen aufsucht. Das kann man natürlich so machen — nur dann ist es oft schon zu spät oder zumindest wird es ein schmerzhafter Weg.
Besser ist es, frühzeitig zu reagieren. Beim Zahnarzt heißt es Zahnvorsorge, hier ist das eine präventive Paarberatung.
Paarberatung ist auch mehr als nur eine „Reparaturmaßnahme“ für beschädigte Beziehungen. Sie kann helfen, kleinere Missverständnisse frühzeitig zu klären, Kommunikationsmuster zu verbessern und sich gemeinsam auf neue Lebensphasen vorzubereiten. So wie regelmäßige Zahnarztbesuche größere Zahnprobleme verhindern können, kann Paarberatung dazu beitragen, die Beziehung gesund und stark zu halten.
Mythos 2: Eine Paarberatung repariert unsere Beziehung.
Das wäre schön: Sie besuchen eine Paarberatung und dann ist die Beziehung zu Ihrem Partner / Ihrer Partnerin “repariert”. So als ob Sie ein kaputtes Gerät zur Reparatur bringen würden.
Die Realität ist anders. Sie sind zwei individuen mit eigenen Wünschen und Bedürfnissen. Berater / Therapeuten können Impulse geben, die Sie annehmen können — oder auch nicht. Eine Paarberatung ist kein magisches Werkzeug, das Ihre Beziehung heilt – sie bietet Ihnen lediglich die Unterstützung und die richtigen Rahmenbedingungen, damit Sie selbst an Ihrer Beziehung arbeiten können.
Vergleichen Sie es mit einem Zahnarztbesuch: Der Zahnarzt gibt Ihnen Tipps zur Zahnpflege und sorgt für eine gründliche Reinigung, aber das tägliche Zähneputzen und die Pflege müssen Sie selbst übernehmen. Der Zahnarzt kann nur appellieren, dass Sie mehr / besser Zähne putzen, mehr aber auch nicht. Genauso läuft es in der Paarberatung. Der Berater hilft Ihnen, Probleme zu erkennen und gibt Werkzeuge an die Hand — aber die eigentliche Arbeit liegt bei Ihnen.
Mythos 3: Durch eine Paarberatung kann eine Trennung verhindert werden.
Viele Paare hoffen, dass eine Paarberatung ihre Beziehung retten und eine Trennung verhindern kann. Sie liefert auch gute Rahmenbedingungen, dass diese noch gerettet werden kann — doch die Realität ist: Eine Paarberatung bietet keine Garantie, dass die Beziehung bestehen bleibt.
Es gilt das gleiche wie in Mythos 2: Beide Partner sind individuelle Menschen mit eigenen Wünschen, Bedürfnissen und Entscheidungen. Ein Berater kann den Prozess begleiten, aber nicht die Entscheidungen der Partner kontrollieren. Der Erfolg einer Paarberatung hängt davon ab, wie beide Partner auf die Erkenntnisse reagieren und welche Schritte sie bereit sind, zu gehen.
Manchmal führt der Beratungsprozess dazu, dass Paare erkennen, dass eine Trennung die beste Entscheidung für sie ist. Der Therapeut hilft, Klarheit zu schaffen und eine bewusste Entscheidung zu treffen – das kann bedeuten, die Beziehung zu stärken oder auch friedlich auseinanderzugehen.
Die Beratung ist nicht nur darauf ausgerichtet, eine Trennung zu verhindern — das Wohl beider Partner steht im Mittelpunkt.
Mythos 4: Paarberatung ist zu teuer und bringt nichts.
Das Argument, dass Paarberatung zu teuer ist und nichts bringt, klingt auf den ersten Blick verständlich – schließlich wünscht man sich für sein Geld eine sichtbare und direkte Veränderung. Doch diese Annahme verkennt die eigentliche Funktion und den Wert der Beratung.
Paarberatung ist keine kurzfristige “Reparatur”, bei der sofortige Ergebnisse garantiert sind. Vielmehr ist sie ein Prozess, der langfristige Veränderungen anstoßen kann. Sie hilft Paaren, Kommunikationsmuster zu durchbrechen, neue Perspektiven zu entwickeln und Konflikte auf einer tieferen Ebene zu verstehen. Der Wert liegt nicht in einer sofortigen Lösung, sondern in den Werkzeugen und Impulsen, die Paare erhalten, um ihre Beziehung nachhaltig zu verbessern.
Vergleichen Sie es mit einer Investition in die Gesundheit: Ein Fitnessstudio-Mitgliedsbeitrag scheint auf den ersten Blick teuer, aber langfristig zahlt sich die regelmäßige Bewegung in Form von besserer Gesundheit und Wohlbefinden aus. Genauso ist die Paarberatung eine Investition in die emotionale Gesundheit Ihrer Beziehung. Die Berater geben Ihnen nicht nur Strategien an die Hand, sondern begleiten Sie dabei, alte Muster zu hinterfragen und neue Wege zu gehen – doch den Erfolg bestimmen Sie selbst durch Ihre Bereitschaft, daran zu arbeiten.
Mythos 5: Wir sollten unsere Probleme alleine lösen können.
Viele Paare glauben, dass sie ihre Beziehungsprobleme alleine lösen sollten – als wäre das ein Zeichen von Stärke oder Normalität. Diese Vorstellung führt oft dazu, dass Paare viel zu lange mit ungelösten Konflikten kämpfen, anstatt sich Hilfe zu suchen.
Die Wahrheit ist, dass jede Beziehung ihre Herausforderungen hat, und es ist völlig in Ordnung, Unterstützung von außen anzunehmen. Berater oder Therapeuten bringen nicht nur Fachwissen, sondern auch eine neutrale Perspektive ein, die es Ihnen ermöglicht, Ihre Probleme aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Sie helfen Ihnen, Muster zu erkennen, die Sie vielleicht selbst nicht wahrnehmen, und geben Ihnen Werkzeuge an die Hand, um Ihre Konflikte besser zu verstehen und zu lösen.
Vergleichen Sie es mit dem Besuch eines Trainers im Sport: Sie könnten versuchen, allein zu trainieren, aber ein Trainer kann Ihnen gezielte Anweisungen geben, Fehler korrigieren und Sie motivieren, dranzubleiben. Genauso kann eine Paarberatung Ihnen helfen, effektiv an Ihrer Beziehung zu arbeiten – ohne den Druck, alles alleine bewältigen zu müssen. Manchmal ist es ein Zeichen von Stärke, sich Unterstützung zu holen, wenn man merkt, dass man sie braucht.
Mythos 6: Paarberatung funktioniert nur, wenn beide Partner gleich motiviert sind.
Natürlich wäre es ideal, wenn beide Partner mit derselben Motivation und Bereitschaft in die Paarberatung gehen würden. Doch die Realität sieht oft anders aus: Oft ist einer von beiden vielleicht skeptisch oder fühlt sich weniger engagiert. Dass Paarberatung nur dann funktioniert, wenn beide Partner gleich motiviert sind, ist jedoch nicht zutreffend.
Der Erfolg einer Paarberatung hängt nicht ausschließlich davon ab, dass beide von Anfang an gleichermaßen mitziehen. Meist reicht es, wenn einer den ersten Schritt macht. Durch die professionelle Unterstützung kann auch der weniger motivierte Partner dazu angeregt werden, sich im Laufe des Prozesses mehr zu öffnen und aktiver mitzuarbeiten. Zudem bietet die Beratung einen sicheren Rahmen, in dem beide ihre Bedürfnisse und Ängste äußern können – was oft die Grundlage für eine tiefere Zusammenarbeit schafft.
Mythos 7: Paarberatung verändert uns als Personen.
Manche Menschen befürchten, dass eine Paarberatung sie als Personen völlig verändern wird – und diese Vorstellung kann durchaus abschreckend wirken. Denn wie werden Sie danach sein, das wissen Sie zu Beginn noch gar nicht.
Tatsächlich stimmt es, dass Veränderung ein wichtiger Teil des Beratungsprozesses ist, denn es geht darum, festgefahrene Muster zu durchbrechen und neue Wege im Umgang miteinander zu finden. Doch das bedeutet nicht, dass Sie Ihren gesamten Charakter ändern müssen.
Vergleichen Sie es mit dem Lernen einer neuen Sprache: Sie lernen zwar viel neues dazu, aber Sie bleiben immer noch dieselbe Person. Durch das Lernen neuer Wörter und Phrasen können Sie sich besser ausdrücken und Missverständnisse vermeiden. Genauso können Sie in der Paarberatung lernen, auf neue Weise miteinander zu kommunizieren, ohne dass Sie Ihren gesamten Charakter oder Ihre Persönlichkeit grundlegend ändern müssen. Es geht um Anpassungen, die Ihre Beziehung bereichern, nicht um eine komplette Neugestaltung Ihrer Person.
Es geht darum, bestimmte Verhaltensweisen, Kommunikationsstile oder Denkansätze zu hinterfragen, die vielleicht zu Konflikten führen. Wenn Sie sich darauf einlassen, werden Sie neue Verhaltensweisen und Arten der Kommunikation lernen und anwenden — aber was Sie übernehmen wollen und was nicht, bleibt noch immer Ihnen überlassen. Und vielleicht werden Sie sich in Zukunft fragen, warum Sie es in der Vergangenheit so lange mit den alten Verhaltensweisen gearbeitet haben 🙂
Mythos 8: Wir sind das einzige Paar mit diesen Problemen.
Kennen Sie diese Gedanken à “Wir das einzige Paar mit all diesen Problemen”? Diese können einen innerlich auffressen und sorgen dafür, dass man sich isoliert und hilflos fühlt.
Das Gefühl ist verständlich, aber die Wahrheit ist: Jede Beziehung hat ihre Herausforderungen, auch wenn diese nach außen oft nicht sichtbar sind. In unserer Gesellschaft neigen wir dazu, die glücklichen Momente in den Vordergrund zu stellen und Konflikte oder Probleme zu verstecken. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie nicht existieren. Viele Paare kämpfen mit ähnlichen Themen wie Kommunikationsproblemen, unterschiedlichen Erwartungen oder ungelösten Konflikten. Diese Schwierigkeiten sind normal – und deswegen gibt es nichts Ungewöhnliches oder Beschämendes daran, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Mythos 9: Beratung bedeutet, dass wir ständig über unsere Probleme reden müssen.
Ständig über Probleme sprechen zu müssen, kann sehr anstrengend und unangenehm sein – und für viele Paare eine abschreckende Vorstellung. Natürlich spielt es eine Rolle, die Schwierigkeiten in der Beziehung anzusprechen, aber Paarberatung ist viel mehr als nur eine endlose Aufzählung von Problemen.
Der Fokus liegt in der Beratung weniger auf den Problemen, sondern mehr auf den möglichen Lösugnen. Es werden Gemeinsamkeiten gesucht, Stärken der Partnerschaft neu aufgezeigt und neue Perspektiven entwickelt. Berater helfen dabei, den Fokus nicht nur auf das Negative zu richten, sondern auch auf das Positive – also auf das, was Sie als Paar verbindet und stärkt. Es geht um eine ausgewogene Mischung aus Problembewusstsein und Lösungsorientierung.
Es ist ein bisschen wie bei einer Reiseplanung: Sie müssen nicht die ganze Zeit darüber reden, was auf früheren Reisen schiefgelaufen ist. Stattdessen überlegen Sie gemeinsam, wie Sie die nächste Reise besser planen können, was Sie optimieren wollen und welche positiven Erfahrungen Sie wiederholen möchten. Genauso hilft die Paarberatung dabei, auf konstruktive Weise über die Zukunft Ihrer Beziehung zu sprechen, ohne ständig in den Problemen der Vergangenheit zu verharren.
Mythos 10: Beratung ist peinlich und macht uns verwundbar.
Es ist verständlich, dass der Gedanke an Paarberatung für manche Menschen unangenehm oder peinlich wirken kann. Sie müssen plötzlich über Themen sprechen, über die Sie sich noch nie mit anderen Menschen ausgetauscht haben. Das bringt natürlich Verunsicherung — und hält viele Paare davon ab, professionelle Hilfe zu suchen. Stark verbreitet sind auch daraus entstehende Glaubenssätze wie “Gefühle sind ein Zeichen von Schwäche” oder “Über Gefühle spricht man nicht.”. Doch in Wahrheit ist Beratung kein Zeichen von Schwäche, sondern von Mut und Bereitschaft, an der Beziehung zu arbeiten.
Ja, es kann herausfordernd sein, sich zu öffnen und über persönliche Themen zu sprechen, die man vielleicht lieber für sich behalten würde. Aber eine Paarberatung bietet einen geschützten und neutralen Raum, in dem Sie über Ihre Gefühle sprechen können, ohne verurteilt zu werden. Der Berater unterstützt Sie dabei, diesen Prozess respektvoll und empathisch zu gestalten, sodass Sie sich wohl und sicher fühlen können.
Bei einem Arztbesuch ist es ähnlich: Es kann unangenehm sein, körperliche Beschwerden zu offenbaren, aber ohne diese Offenheit kann keine Behandlung stattfinden. Genauso können in der Paarberatung die Offenheit und Verwundbarkeit zunächst beängstigend wirken, aber sie sind der Schlüssel, um tieferliegende Themen zu erkennen und gemeinsam an einer gesünderen Beziehung zu arbeiten. Am Ende geht es nicht darum, sich bloßzustellen, sondern um Wachstum und Verständnis – und das ist weder peinlich noch schwach.
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Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Beiträge nur meine Sichtweise wiederspiegeln und ich keine Wissenschaftliche Korrektheit garantieren kann.
Sollten Sie Ideen und Anleitungen von mir gut finden und umzusetzen, liegt das in Ihrer eigenen Verantwortung, nicht in meiner.
Meine Beiträge ersetzen keine medizinische, psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlungen. Sollten Sie unter schwerwiegenden psychischen oder emotionalen Problemen leiden, empfehle ich Ihnen dringend, dass Sie sich an einen qualifizierten Therapeuten, Psychiater oder Arzt wenden.
Ich bin Systemischer Berater, mit (noch nicht abgeschlossener) Weiterbildung zum Systemischen Familientherapeuten. Ich bin nicht als Psychologischer Psychotherapeut, Arzt oder Psychiater ausgebildet.
Deshalb stehen in meinen Beratungen keine psychischen Krankheiten im Fokus. Ich betrachte Sie als Mensch, bei dem Krankheiten zwar vorkommen und Auswirkungen haben können, aber Ihr Leben ist mehr als nur Ihre Krankheit. Ihre Gefühle, Familie, Freunde, Umgebung, Bewältigungsstrategien, etc. – all das wirkt sich auf Sie aus. Der Fokus liegt also auf Ihnen als Ganzes und nicht nur auf einem bestimmten Aspekt Ihres Lebens.